Eine Legende ist gegangen.

18. 12. 2024

Ingo Knillmann, der prägendste Spieler aus der „Goldenen Generation“ des SC Rist, die Mitte bis Ende der 80er-Jahre Deutschlands Basketball-Szene durcheinanderwirbelte, ist gestorben. Er wurde nur 61 Jahre alt.

Was machte ihn zum Ausnahme-Spieler? Die einen beantworten das vorzugsweise mit seinen technischen Fähigkeiten, die ihm die Etikette „König der langen Einarm-Pässe“ oder „DER linke Sky-Hooker“ (Hakenwerfer) einbrachten, die anderen sehen seine mentale Stärke im Vordergrund: unbändigen Siegeswillen, unbrechbare Leistungsbereitschaft, allein seine Präsenz übertrug Sicherheit und Selbstbewusstsein auf seine Team-Kameraden, um über sich selbst hinauswachsen zu können. Ein Beispiel dafür aus seiner Kadetten-Nationalmannschafts-Karriere: WM in Damaskus. Ingos Team verlor mit mehr als 30 Punkten gegen Spanien. Ingo war aber trotz dieser krachenden Demontage entspannt und schaute sich Damaskus an, während der Rest der Truppe mit hängenden Köpfen im Hotel saß. Beim nächsten Spiel wurde Ingo Topscorer und hat das Team zum Sieg getragen.

Die Karriere begann als Sextaner im Johann-Rist-Gymnasium. Ewald Schauer, Sportlehrer und Vereinstrainer beim SC Rist Wedel, erkannte das Talent und förderte Ingo Knillmann nach Kräften. Er sagte einmal: „Ingo hat all das schon im Gefühl, was andere Top-Spieler sich mühsam erarbeiten müssen.“ Bereits ab 14 Jahren spielte Ingo Knillmann in der Ersten Herrenmannschaft des SC Rist.

1979 und 1980 wurde der 1,93 Meter große Innenspieler mit Wedel deutscher Meister der B-Jugend, 1978 wurde er mit der C-Jugend und 1981 mit der A-Jugend jeweils deutscher Vizemeister. Mit der Schulauswahl des Johann-Rist-Gymnasiums gewann er sieben Mal den Bundeswettbewerb „Jugend trainiert für Olympia“.

Die Zahl der Titel und großen Turniere sind Legion: 1977 hatte Knillmann den Sprung in die bundesdeutsche Jugendnationalmannschaft geschafft, dort war der Linkshänder Kapitän der Mannschaft. Er nahm mit der BRD-Jugendauswahl 1979 an der Kadetten-Europameisterschaft teil. 1981 spielte er beim Albert-Schweitzer-Turnier für die BRD, 1982 gehört er zum bundesdeutschen Aufgebot für die Junioren-EM und 1983 für die Junioren-Weltmeisterschaft. Bei der Junioren-EM ’82 erzielte Knillmann einen Punkteschnitt von 8 pro Begegnung und war somit fünftbester deutscher Korbschütze hinter Detlef Schrempf, Gunther Behnke, Christian Welp und Ralf Risse.

1988 erreichte Ingo Knillmann mit Wedel als Zweitligist das Halbfinale im DBB-Pokal, 1988 und 1991 wurde er mit der Mannschaft Vizemeister der 2. Bundesliga. Nach dem zwischenzeitlichen Abstieg in die Regionalliga kehrte Knillmann 1994 mit Wedel in die 2. Bundesliga zurück, wo er bis 1998 spielte.

Die Passion für Basketball hat ihn geprägt, vorangebracht und ihn bis zuletzt damit verbunden. Noch 2019 streifte er in Helsinki das Nationaltrikot erneut über - in der Altersklasse Ü55. Es wurde kein Weltmeistertitel, aber ein Turnier, bei dem er mit altbekannten Mitspielern wie Christian Pauk und Christian Offergeld und ehemaligen Kontrahenten beispielsweise aus Berlin  ein Team bildete. Neben einer ansehnlichen Platzierung war es diese besondere Verbundenheit, welche aus Rivalen von einst Freunde gemacht hat.

In der Altersklasse Ü35 wurde Knillmann mit dem SC Rist Wedel vier Mal und in der Ü45 zwei Mal deutscher Meister und Ü50 ebenfalls zwei Mal deutscher Meister – zuletzt 2023. Nur wenige Wochen nach dem Triumph begann die Zeit mit vielen Aufenthalten im Krankenhaus, eine Zeit voll Hoffen und Bangen.

In diesen schweren Monaten hielten sie, die nicht nur auf dem Spielfeld entstandenen freundschaftlichen Netzwerke, die Ingo mit Kameradschaft, guter Laune und einem ausgeprägten Sinn für Unsinn über die Jahre so gründlich aufgebaut hatte. Besuche, Zuspruch und Respekt in einer überwältigenden Art und Weise wurden ihm zuteil. Sogar aus den USA reiste eigens ein Freund nach Wedel an, um Abschied zu nehmen.

Nun ist die harte Zeit vorbei und Ingo Knillmann ist verstorben. Doch: Legenden wie er gehen nie so ganz und gar. Denn an herausragende Persönlichkeiten und feine Kerle wie ihn erinnert man sich, spricht über sie und nimmt einen "Myers Cola" auf die gemeinsamen Zeiten mit ihm. Und das werden jetzt viele Menschen nicht nur in Wedel tun. 

Die Trauerfeier beginnt am Montag, 23. Dezember, um 10.30 Uhr in der Friedhofskapelle am Egenbüttelweg. Statt freundlich zugedachter Blumen und Kränze wird um Spenden für die weitere Ausbildung der drei Kinder von Ingo und Astrid Knillmann gebeten. 

Text: Jörg Frenzel, Foto: privat