Zu Weihnachten den Sieg an den Spitzenreiter "verschenkt"

23. 12. 2024

Alle Facetten, die ein Basketballspiel ausmachen können, erlebten die Zuschauer am vierten Adventssonntag in der Steinberghalle. Die Spieler des SC Rist Wedel wuchsen zwischenzeitlich über sich hinaus, führten gegen den haushohen Favoriten Bayer Giants Leverkusen lange und in der Spitze sogar mit 15 Punkten (34:19/18. Minute) – um nach einer dramatischen Schlussphase hauchdünn mit 63:64 (36:27) zu verlieren. „Am Ende hat nicht der Gegner das Spiel gewonnen, weil er etwas Überragendes gemacht hat sondern wir haben den Sieg verschenkt“, urteilte Rist-Coach Hamed Attarbashi.

Unter dem Gabentisch lagen somit für die Wedeler keine Punkte, „die wir gegen diesen starken Gegner zwar auch nicht eingeplant, aber natürlich trotzdem gerne mitgenommen hätten“, wie Rist-Co-Trainerin Constanze Wegner betonte. Zwei Tage vor Heiligabend zeigte die junge Wedeler Mannschaft jedoch eine bärenstarke Leistung: Vor allem im ersten Viertel, in dem sie mit 24 Punkten exakt doppelt so viele sammelte wie ihr Gegner.  In der Deckung agierten die Hausherren beweglich, aufmerksam und aggressiv, dabei aber keinesfalls unfair (Wegner: „Es war ein sehr faires Duell.“), weshalb sie bis zur Pause lediglich 27 Punkte des Tabellenführers zuließen.

Vor der Partie hatte es in Gedenken an den verstorbenen Ingo Knillmann, der über Jahrzehnte für den SC Rist auf Korbjagd gegangen war, und an die Opfer des Anschlags auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt eine Schweigeminute gegeben. Anschließend wurde es richtig laut in der ausverkauften Steinberghalle, denn die Yalla Risters mit ihren Trommeln und die Zuschauer sorgten bei der letzten Partie des Jahres, die unter dem Motto „Merry Ristmas“ stand, „für eine hervorragende Unterstützung“, wie Attarbashi dankbar feststellte. Die Anhänger trugen die Rister auch durch das dritte Viertel, in dem sie „in ein Loch fielen und zu lange brauchten, um wieder herauszukommen“, wie Wegner zugab.

Bayer-Trainer Michael Koch, der als Spieler 1983 mit Deutschland Europameister geworden war, nahm einige Umstellungen vor,, woraufhin die Wedeler kurzzeitig verunsichert wirkten. Als die Leverkusener beim 37:36 (24.) erstmals seit der zweiten Minute wieder in Front gingen, schien das Momentum für sie zu sprechen und die Partie zu kippen. „Wir haben uns aber zurück und wieder mit fünf, sechs Punkten in Führung gekämpft – und das hätte dann eigentlich auch zum Sieg reichen müssen“, urteilte Attarbashi. Tatsächlich war der Überraschungssieg zum Greifen nah, als Niklas Krause per Freiwurf das 63:60 gelang und nur noch sieben Sekunden auf der Uhr waren.

Vier Sekunden später leistete sich Krause ein Foul an Luca Finn Kahl. Der Leverkusener vergab zwar beide Freiwürfe, eroberte aber nach seinem zweiten Fehlversuch den Abpraller und verkürzte per Korbleger. So stand es 63:62 aus Sicht der Rister, die bei 1,2 Sekunden auf der Uhr eine Auszeit nahmen. „Dann haben wir leider einen Einwurf schlecht ausgeführt“, haderte Attarbashi. Jared Grey konnte den Ball im Duell mit Kahl nicht behaupten, ehe beide Akteure im Kampf um das Spielgerät zu Boden gingen. Während dieser Szene ertönte die Schlusssirene – die Unparteiischen berieten sich und sprachen den Gästen zwei Freiwürfe zu. Unter lautstarken Buhrufen und Pfiffen vieler Rister Anhänger bewies Kahl Nervenstärke und versenkte beide Freiwürfe zum 63:64.

Die Uhr wurde gestoppt bei den 1,2 Sekunden, die laut der Schiedsrichter noch auf der Uhr gewesen waren, sodass Attarbashi noch einmal eine Auszeit nehmen und einen Angriff vorgeben konnte. Linus Hoffmann konnte tatsächlich noch einen Dreierwurf abgeben, der aber nur an der Umrandung des Gäste-Korbs landete, sodass die Wedeler „eine ganz, ganz bittere Niederlage“ kassierten, wie Kapitän Hoffmann klagte. Es ehrte die Rister Spieler und zeigte einmal mehr ihre Verbundenheit zu den Anhängern, dass sie, dem späten K. o.-Schlag zum Trotz, geduldig für alle Autogramm- und Fotowünsche zur Verfügung standen.

Attarbashi analysierte derweil das Spielgeschehen: „Wir werden von Woche zu Woche besser, denn wir waren mit einem Titelanwärter auf Augenhöhe.“ Auch Wegner fand, dass „die Partie genauso gut anders herum hätte ausgehen können“. Am Ende hätten „individuelle Fehler den Ausschlag gegeben“, so Attarbashi: „Der Einwurf geht auf uns.“ Zwar fand es der Coach „schade, dass die Schiedsrichter in der 2. Bundesliga ProB nicht die Möglichkeit haben, den Videobeweis zu Rate zu ziehen“, doch gab es von ihm keine Kritik an den Referees, für deren Lage Wegner sogar um Verständnis warb: „Für sie war das eine ganz schwierige Entscheidung, bei der sie nur verlieren konnten.“ Dass anders, als es etwa beim Fußball alltäglich ist, die Schiedsrichter nicht verbal angegangen werden, ist auch eine Facette des Basketballs.

STATISTIK: Agyepong (20), Krause (18), Reece (11), Alegbe (6), Martin (3), Tangermann (3), Hoffmann (2), Adler, Fatnassi, Grey, Jeß.

Viertel-Ergebnisse: 24:12, 12:15, 13:21, 14:16.

Bericht: Johannes Speckner, Foto: (c) Manningeaux
Aud dem Titel-Bild: Topscorer Jeremia Agyepong