Darren Egbe: Als Spielmacher alles im Griff. Fotos: Manningeaux
02. 01. 2024
13 Gewichtsklassen führt der Deutsche Boxsport-Verband bei den Männern. Halbfliegen- bis Superschwergewicht. Alles ist schön geordnet, Kämpfe mit Gegnern außerhalb der eigenen Kategorie sind nicht vorgesehen.
Wenn Darren Egbe in einem ProB-Spiel das Feld betritt, ist er mit seinen 60 Kilogramm nicht nur im Box-, sondern auch im Basketballmaßstab ein Leichtgewicht. Beim 16-Jährigen schlägt der Zeiger der Waage im Vergleich zu allen anderen Spielern der Liga laut den Kaderlisten der ProB-Nord mit Abstand am geringsten aus. Wie ist das dann, wenn er sich in der Verteidigung deutlich kräftigerer Gegenspieler erwehren muss? Oder es mit wandelnden Center-Schränken aufnimmt, die mit bisweilen weit über 110 Kilogramm aufwarten?
Kräftigen und Schnelligkeit beibehalten
„Ich muss zunehmen“, lautet Egbes Strategie. Vor allem auch deshalb, weil er auf längere Sicht höhere Gefilde anstrebt als die ProB, in denen dann das Merkmal Kraft noch leistungsbestimmender ist – oder einfach Voraussetzung. Muskelmasse zulegen, aber gleichzeitig seine Stärken Schnelligkeit und seine Gewandtheit behalten: Ist das möglich? „Ich finde, es geht beides“, meint Egbe und nennt seinen Mannschaftskollegen Jayden Fatnassi als Beispiel. Der wiegt bei 1,90 Körpergröße 88 Kilogramm, zügig auf den Beinen ist er auch unterwegs.
Die Ernährung spiele eine wichtige Rolle, erläutert Egbe. Man müsse „darauf gucken, was man isst: Dass man nicht einfach so drauflos zunehmen will, sondern dass man gesund zunimmt“, betont der 16-Jährige.
Und Kraft sei nur eines, gibt der Sportliche Leiter Christoph Roquette zu bedenken. „Er ist jung und hat genug Zeit, um an seinem Körper zu arbeiten. Darren macht das schon gut in der Verteidigung. Es ist nicht so, dass er dort vorgeführt wird. Er hat gelernt, seine Fouls gut einzusetzen“, sagt Roquette. Eine gezielte Regelübertretung als taktisches Mittel – etwa dann, wenn ein Gegenspieler versuche, Egbe mit dem Rücken zum Korb abzudrängen, um vermeintlich leichten Zugang zum Ziel zu erhalten.
Zuckerpässe begeistern Roquette
Nimmt Egbe seinerseits im Angriff innerhalb von Sekundenbruchteilen Fahrt auf, gibt es kaum ein Halten mehr. Und dann wäre da noch sein Können als Wegbereiter von Korberfolgen seiner Nebenmänner, gerne auch sehenswert, indem er den Ball mit schwungvoller Armbewegung hinter dem eigenen Rücken zum Mitspieler befördert.
„Was er in seinem Alter für Pässe in der ProB macht!“, staunt Roquette und meint: „Wenn er sich so weiterentwickelt, muss Darren gar kein muskelbepackter Point Guard sein“, so der Sportliche Leiter und erhofft sich, dass Egbe insbesondere „diese Raffinesse, das Flinke und das Schnelle“ bewahre. „Das sieht man ja immer wieder, wenn man zum Beispiel an Diante Watkins oder TJ Shorts denkt. Das sind spezielle Spielertypen“, erinnert Roquette an einen früheren Wedeler und einen ehemaligen Towers-Spielmacher – beide noch gut einen Kopf kleiner als Egbe.
Training mit Attarbashi und Bauermann
Rund einen Monat nach seinem 16. Geburtstag war es, als er im Februar 2023 erstmals in einer ProB-Partie zum Einsatz kam. In der laufenden Saison steht er im Durchschnitt fast 13 Minuten pro Spiel auf dem Feld. Das sei keinesfalls selbstverständlich, hat Egbe kurz vor Weihnachten festgestellt, als er in Kienbaum für die U17-Nationalmannschaft vorspielte.
„Ich habe beim Lehrgang mit anderen Spielern gesprochen: Das ist in dem Alter nicht üblich, dass man in der ProB über zehn Minuten im Schnitt bekommt und dass ich so viele Freiheiten bekomme“, sagt Egbe. Trainer Hamed Attarbashi sei „nicht sauer, wenn ich einen Wurf nehme. Ich soll mit Selbstbewusstsein die Sachen machen, die ich kann“, betont er.
Attarbashis Fähigkeiten als Talentförderer sind vielzitiert. Egbe kann’s bestätigen: „Er hat mir schon in der kurzen Zeit gezeigt, wie das dann später sein wird. Denn mit der Zeit werden die Coaches immer weniger Verständnis für Fehler haben. Manche dulden dann nicht mehr, wenn man zweimal den gleichen Fehler macht. Gleich zu Anfang hat mir Hamed klar gemacht, dass man mit Fokus dabei sein muss. Er ist auch gut dabei, uns zu disziplinieren, zum Beispiel beim Zuspätkommen.“
In Kienbaum wurden Egbes Fertigkeiten und sein Entwicklungsstand von Dirk Bauermann begutachtet. Der Bundestrainer für den Nachwuchsbereich ist seit Jahrzehnten eine DER Größen im deutschen Basketball und arbeitet stets mit höchsten Ansprüchen.
„Er war nicht immer unser bester Freund im Training. Aber so gehört sich das, das finde ich vollkommen ok, das ist professionell. Jeden Tipp, den er mir gegeben hat, konnte ich nachvollziehen“, sagt Egbe, der in Kienbaum nicht nur die Trainingseindrücke und Ratschläge wie ein Schwamm aufsog: „Ich genieße die Zeit da und tausche mich viel aus: Wie das bei den anderen Spielern ist. Wie viel Training die haben. Was die machen. Wo die spielen, wie viel die spielen. Das ist immer wieder schön herauszufinden, wie das bei anderen in meinem Alter läuft“, erläutert der 16-Jährige.
Anfänge bei HT 16
Bei der HT 16 lernte Egbe als Kind das Basketball-ABC: „Schuld“ waren die Nachbarin als Trainerin und sein älterer Bruder, dem er nacheifern wollte. Doch nur ein bisschen „daddeln“ sollte es dann nicht sein: „Irgendwann bin ich sauer geworden, wenn Leute das Training nicht ernst genommen haben oder wir zu viel gequatscht haben, anstatt zu spielen.“ Schon als Vertreter des jüngeren Jahrgangs gelang Egbe der Sprung in die Auswahl der Hamburger Basketball-Verbands, später wechselte er zu den Hamburg Towers, für die er zunächst drei Jahre in der JBBL auflief, und kam an die Eliteschule des Sports am Alten Teichweg.
Inzwischen ist auch sein jüngerer Bruder Danny bei den Towers gelandet, spielt in der U16-Bundesliga. Basketball ist fest in der Familie verankert, dabei war doch eigentlich eine andere Ballsportart für die Brüder „vorgesehen“. Egbe: „Das Ziel von meinem Vater war, dass wir Fußballer werden.“