Gemeinsam getrennt: Training aus der Ferne

  • 3. Februar 2021

Statt der Halle ist es derzeit die gute Stube oder die Terrasse, statt gemeinsamen Pass- oder Wurfübungen wird notgedrungen auf das zurückgegriffen, was die derzeitige Lage hergibt. Der Amateursport befindet sich seit Monaten in der Zwangspause, aber gemeinsame Übungsstunden im Rahmen der Möglichkeiten sind dennoch drin. Man trifft sich am Bildschirm. Wenn schon räumliche Nähe nicht möglich ist, wird zumindest auf diese Weise gemeinsam geschwitzt.

Linn Jürgensen (oben links) mit der 1. W12.

Linn Jürgensen betreut als Trainerin gemeinsam mit Luca Saß die 1. weibliche U12. „Das letzte Mal haben wir die Mädchen sich auch etwas überlegen lassen“, sagt Jürgensen. Ihre Schützlinge waren aufgefordert, Übungen vorzuschlagen, die im Kinderzimmer ohne oder mit kleinen Gegenständen durchführbar sind. „Da sind sie ziemlich kreativ geworden“, erzählt sie. Ob Bücher, Flaschen oder Socken, nützlich als Trainingsgerät ist allerhand. Balancieren, kleine Kräftigungs-, Beweglichkeits- und Geschicklichkeitsübungen. Auch der Basketball kommt zum Einsatz. Natürlich nicht wie sonst in der Halle, schließlich soll die Inneneinrichtung keinen Schaden nehmen, aber einiges geht doch: „Den Ball um den Körpern kreisen oder durch die Beine. Da gibt es viele Sachen, die man machen kann. Das meiste ist mit dem eigenen Körpergewicht, zum Beispiel in der Liegestützeposition, aber auch so etwas wie Hampelmänner oder auf der Stelle laufen“, sagt Jürgensen. Um viel Abwechslung ins Kinderzimmer zu bringen und den Spaß an der Bewegung aufrechtzuerhalten, wollen sie es demnächst auch mit Elementen aus dem Kickboxen oder dem Tanzen versuchen.

Gregor Prehsl betreut beim SC Rist mehrere Jungenmannschaften. In Zeiten, da echte Treffen nicht zugelassen und Zusammensein nur aus der Ferne möglich ist, stecke in den Übungsstunden am Bildschirm auch eine soziale Komponente, betont er. „Wir machen gemeinsam etwas“, so Prehsl. Das sei im Vergleich zu Trainingsplänen, die jeder Spieler für sich abarbeite, noch einmal etwas Anderes. Und dennoch: „Das Online-Training ist weit, weit entfernt von richtigem Basketballtraining“, sagt Prehsl. Neben Ballgefühl, Beweglichkeit und Koordination „mache ich bei den älteren Jungs auch ein paar Kraftübungen dazu, Rumpfkraft und körperstabilisierende Kraft“, erläutert er. Zwar gebe es auch beim „richtigen“ Training in der Halle immer wieder Übungsformen mit Koordinations- oder Kraftanteil, „aber man hat dann auch immer wieder etwas mehr Basketballerisches dabei“, so der Rist-Trainer. Das ist derzeit schwierig.

Eine Linderung, kein Ersatz

Gregor Prehsl.
Foto: Manningeaux

In der Gruppe – und sei es eben übers Internet zusammengeschaltet – tut sich im Training doch einiges leichter: Man unterstützt sich, man spornt sich an. Prehsl. „Vor allem für die Mannschaften, die ich habe, die leistungsorientierter trainieren, ist da eine gewisse Dynamik dahinter, sich zuzuschalten und mitzumachen, was sie vielleicht alleine nicht machen würden. Bei den Breitensportmannschaft ist das auch gegeben, aber nicht so stark wie bei einer Leistungsmannschaft.“ Zumal wenn Trainer oder Trainerin selbst in Sportkluft dabei ist. „Ich mache das ja mit Luca Saß zusammen. Wir machen beide die Übungen mit, ich glaube, das ist für die Kinder auch mal ganz schön, uns sportlich dabei zu haben“, sagt Linn Jürgensen, deren Schützlinge mit Feuerfeier bei der Sache sind. „Sie sind total motiviert und machen auch selbst Vorschläge, worauf sie jetzt mal Lust hätten, was natürlich leider alles kein Basketball ist, was sie sich am meisten wünschen“, so die Trainerin.

Dass das echte Training und der Spielbetrieb seit Monaten ruhen, wirft die Frage auf, in welchem Maße die basketballspezifische Ausbildung und Entwicklung dadurch zurückgeworfen wird. „Das ist schwierig zu sagen. So eine Situation hatten wir ja noch nie“, sagt Preshl. „Wenn ein Spieler verletzt ist, wird er natürlich auch zurückgeworfen, wobei er dann ja auch als verletzter Spieler im Training dabei sein und alleine durchs Zuschauen taktische Varianten oder Techniken schon ein bisschen lernen kann. Das fällt ja jetzt alles komplett weg. Deswegen ist es schwierig zu sagen, wie weit man da zurückgeworfen wird. Von November bis jetzt sind es schon drei Monate und ich weiß nicht, wie lange das so noch weitergeht, also fehlt da schon viel. Natürlich wird es die Möglichkeit geben, das aufzuholen, aber es wird sicher eine Herausforderung sein“, betont der Trainer.

Für den Bereich U12, in dem Linn Jürgensen als Trainerin tätig ist, gilt zudem: „Das ist ja gerade so ein Alter – zehn, elf Jahre – in dem sie natürlich Riesenschritte machen und man sie nach den Sommerferien kaum wiedererkennt, weil sie sich auch körperlich so verändert haben und so viel wachsen, gerade die Mädchen“, erläutert die Trainerin. Durch die lange Pause entstehe „basketballerisch ein Loch“, sagt sie. „Man muss mal gucken. Der Vorteil ist, dass sie alle schnell lernen. Ich glaube, wenn sie wieder in die Halle kommen, sind sie auch im Kopf noch mal viel reifer als vorher, weil sie einfach älter geworden sind und nehmen dann vielleicht andere Dinge viel besser auf, die vorher noch nicht so geklappt haben. Aber es ist natürlich echt schade, wir haben gerade mal ein einziges Saisonspiel gemacht“, so Jürgensen.

Gruppengefühl bleibt erhalten

Linn Jürgensen.
Foto: Manningeaux

Das gemeinsame Training am Bildschirm mit seinen sportlichen und sozialen Vorteilen ist ein Mittel, in der andauernden Pandemie in Bewegung zu bleiben und das Gruppengefühl nicht zu verlieren – aber letztlich nur ein Pflaster und ein kleiner Ersatz für ihre eigentliche Leidenschaft: „Die Spieler wollen Basketball trainieren und spielen. Und das ist leider jetzt nicht möglich“, sagt Prehsl. „Was mich immer wieder fraglich stimmt, ist wie die Spieler in ihrer Motivation zurückkommen werden. Sie sind doch jetzt viele Monate ohne Basketball und finden vielleicht andere Hobbys. Sie können ja auch nicht nur zu Hause sitzen und warten, bis wieder Basketball möglich ist. Die Frage ist: Wird das dann für die längere Entwicklung im gesamten Basketballbereich Einschnitte haben, wenn sich viele Spieler andere Hobbys finden und auch vielleicht die Sportart wechseln oder aufhören?“, gibt er zu bedenken. Prehsl und seine Trainerkollegen versuchen, dem drohenden Pandemiefrust, der ihre Schützlinge erfassen könnte, neben dem gemeinsamen Üben durch abwechslungsreiche sportliche Aufgaben entgegenzuwirken. So galt es beispielsweise, durch Laufeinheiten jedes einzelnen Spielers im Mannschaftsverbund eine gewisse Kilometeranzahl zusammenzubekommen.

Linn Jürgensen ist nicht nur Jugendtrainerin, sondern auch Spielerin der 1. Damen, die ebenfalls weder Wettkämpfe austragen noch Gruppentraining durchführen dürfen. Zwar habe man Trainingspläne bekommen, tausche sich auch untereinander aus und stelle sich gegenseitig Aufgaben, aber: „Es ist sehr viel mehr Eigeninitiative als sonst. Man geht halt nicht einfach seine zwei Stunden in die Halle, sondern muss sich etwas einfallen lassen. Gerade auch wenn draußen Schnee liegt“, sagt sie. Alles nicht so einfach, der Basketball scharrt – sinnbildlich gesprochen – mit den Hufen.

Er hoffe, dass sich sehr bald Verbesserungen der Pandemielage einstellen, die wenigstens schon einmal kleine Lockerungen des Trainingsbetriebs gestatten, betont Prehsl. „Zumindest in der Halle wieder ein paar Körbe zu werfen, wäre schon mal super. Und wenn es nur eine kleine Gruppe ist, wenn nur drei oder vier Spieler mit einem Trainer in der Halle sind, die dann aber auch Wurfübungen machen können und nicht nur auf engstem Raum mit dem Ball arbeiten oder im Freien ein paar Runden laufen können.“